Der Republikanische Schutzbund

Shownotes

Das Thema: Der republikanische Schutzbund wurde als Antwort der Arbeiter:innenbewegung auf die zunehmende Militarisierung der rechts-konservativen Seite in Österreich und der faschistisch-autoritären Bewegungen in Italien und Ungarn 1923 gegründet. Der Schutzbund entstand aus verschiedenen Selbstverteidigungsorganisationen der Arbeiter:innenbewegung nach dem Ersten Weltkrieg und sollte die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreich (SDAP) und die Gewerkschaften vor gewalttätigen Übergriffen der konservativen Heimwehren und faschistischen Gruppen schützen. Die Organisation verstand sich zwar als überparteilich, war aber eng mit der SDAP verbunden. Die Mitglieder waren militärisch organisiert, trugen Uniformen und besaßen vor allem nach dem Ersten Weltkrieg große Waffenbestände. Am Höhepunkt der Mitgliederentwicklung 1928 hatte der Schutzbund 80.000 Mitglieder. Verschiedene Faktoren führten aber ab 1927 zur Schwächung des Schutzbundes. Vor genau 90 Jahren, im Februar 1934, versuchten Teile der Organisation mit einem letzten verzweifelten Aufstandsversuch die endgültige Zerschlagung der Arbeiter:innenorganisationen und die letztendliche Beseitigung der verbliebenen Reste der parlamentarischen Demokratie zu verhindern.

Der Ort: Das Wiener Arsenal war einer der größten militärisch-industriellen Komplexe der Doppelmonarchie. 1856 fertiggestellt, beherbergte es Kasernen, Verwaltungsgebäude und Produktionsstätten für Waffen. Primär weniger zur Verteidigung gegen äußere Feinde gedacht, sollte es die Wiener Bevölkerung nach der Revolution von 1848 ruhig halten. Im Objekt 19 befand sich eine Gewehrfabrik, die nach 1918 als Waffenlager für den Republikanischen Schutzbund diente. Nach mehreren vergeblichen Versuchen den Schutzbund zu entwaffnen, gelang es im März 1927 der Exekutive trotz der massenhaften Mobilisierung der in den umliegenden Bezirken wohnenden Arbeiter, einen Großteil der Waffenbestände im Objekt 19 im Zuge einer Razzia zu beschlagnahmen. Diese Polizeiaktion war einer der vielen Mosaiksteine, die zur militärischen und moralischen Schwächung des Schutzbundes führte und zur endgültigen Niederlage im Februar 1934. Der ursprüngliche Gebäudekomplex wurde Großteils in den 1980er Jahren abgerissen, stattdessen wurde auf dem Areal 1993 die Probebühne für das Wiener Burgtheater und die Staatsoper errichtet. Ab 2024 soll dort auch dort das Foto-Arsenal Wien entstehen, ein Zentrum für zeitgenössische Fotografie.

Der Gast: Florian Wenninger ist Leiter des Instituts für Historische Sozialforschung, einer außeruniversitären Forschungseinrichtung. Er unterrichtet auch auf dem Institut für Zeitgeschichte an der Universität Wien, seine Forschungsschwerpunkte sind neben der Geschichte der Österreichischen Arbeiter:innenbewegung auch Diktatur- und Transformationsgeschichte wie Historische Identitätsbildung.

Tipps Februar 34, Schutzbund

Zum Lesen: Florian Wenninger, Lucile Dreidemy: Das Dollfuß/Schuschnigg-Regime 1933-1938. Vermessung eines Forschungsfeldes. (2013) Ilona Duczynska: Der demokratische Bolschewik. Zur Theorie und Praxis der Gewalt. (1975)

Zum Schauen: Michael Scharang (Regie und Drehbuch): Die Kameraden des Koloman Wallisch. (1984)

Zum Besuchen: Dauerausstellung „Das Rote Wien im Waschsalon“. Verein Sammlung Rotes Wien. Halteraugasse 7, 1190 Wien. Öffnungszeiten: Jeden Donnerstag 13-18h und Sonntag 12.-16h.

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